Darf ich meinen Lieblingskollegen aus Ueckermünde zitieren?
„Nein bei Allem, dass uns in diesen Tagen und Wochen umtreibt und beschwert, auf die Literatur ist Verlass. Sie gibt uns Halt und entführt uns in Welten, jenseits der in der wir leben. Und sie schafft Begegnung, Austausch und Gespräch.“ Das ist nämlich ein schöner Einstieg in den Märzmonat, in dem die Verlagswelt bemüht ist, die Buchhandlungen mit den schönsten Frühjahrsnovitäten und genau diesen Welten zu füllen. Und darf es denn auch mal angenehme anspruchsvolle Unterhaltung sein?
Mehr gelang mir und meinen Lieben im Taschenbuchladen in diesem Frühjahr noch nicht, dieses aber mit großem Vergnügen. Gelesen habe ich Anika Deckers „Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben“. Es geht um Nina. Bald wird sie fünfzig, hat zwei Kindern und einen Exmann. Leicht unentspannt läuft sie durch ihr Leben, leicht genervt von den Dingen, die mit ihr passieren. Und dann passiert ihr das, was man aus Filmen kennt. Sie verliebt sich in einen 20 Jahre jüngeren Mann, wohlbemerkt, er auch in sie, und das bringt ihre bisherige Lebenskonstruktion ins Wanken. Und natürlich hat jeder in ihrem Umfeld eine Meinung dazu. Sie selbst eigentlich auch. Aber mehr noch ihre Schwester Lena, der Gegenentwurf zu Nina, die sich in Konflikten zwischen Ehefrau und Mutter und den Instagram – Supermüttern befindet. Das Buch lebt von Witz und auch Bissigkeit, dies aber eben mit viel Wärme. Anika Decker ist eine ziemlich erfolgreiche Drehbuchschreiberin und Regisseurin („Keinohrhasen“, „Zweiohrküken“,„Traumfrauen“) und wer ihre Filme kennt, der weiß um den Wortwitz, der mit Leichtigkeit von der eigentlichen Schwere erzählt.
Daniel Glattauers „In einem Zug“ erzählt auch viel von Liebe. Aber ziemlich anders, denn der Plot ist ganz Glattauergemäß (Vielleicht erinnern sie sich an den Emailroman „Gut gegen Nordwind“ ?) – zwei sich fremde treffen sich im Zug und plaudern los, die eine gewillt, der andere erst zaghaft, dann aber doch sehr interessiert. Er ist ein gefeierter Autor von Liebesromanen mit im Laufe der Jahre eingetretenen Schreibhemmungen, sie zuerst nur eine Therapeutin. Ein wunderbarer Schlagabtausch zwischen beiden, denn er ist Verfechter der klassischen Beziehung und sie nicht.
Zwischen dem Witz und der eigentlichen Leichtigkeit der Begegnung, ist es doch bissel hintergründiger, und ach, das Ende, das ist dann nochmal sehr überraschend.
Ganz andere Spannung brauchte Jens. „Kaltblut“ von Wolfgang Maria Bauer hat es ihm angetan und es geht um Stubber, einem wortkargen Einzelgänger, der mit seinem Heimatort in den Bergen hadert. Seit er sein Kind dort oben zurückließ und für Jahre verschwand, hadert der Ort auch mit ihm. Ein »kaltes Mensch« sei dieser Mann, dieser rätselhafte Sprengmeister. Als bei einer nächtlichen Explosion in einer Hütte elf Männer zu Tode kommen, gibt man ihm die Schuld, eine Schuld, die ihn nun durch die Bergwelt treibt. Während man im Tal nach dem wahren Täter sucht, wächst in Stubber mit jedem Schritt über Almen und Hänge die Sehnsucht nach »Alaska«, der Frau mit den seltsam wässrig-blauen Augen. In seinem so atmosphärischen wie spannenden Debüt erzählt Wolfgang Maria Bauer von der Liebe zweier Außenseiter und der zermürbenden Kraft eines kleinen Ortes in den Bergen. Ein Leseerlebnis, spannend und fesselnd und richtig richtig gut– das sind die Attribute, die mir Jens zurief.
Endlich mal wieder ein richtiger Schmöker, so sagte Josy von ihrer neuen Empfehlung. Liz Moors „Der Gott des Waldes“ neuer Roman ist Mystery, Sommerverliebtheit und fesselnde Familiengeschichte. Im August 1975 verschwindet die 13-jährige Barbara aus einem Sommercamp hoch im Norden der USA. Sie ist die Tochter der Besitzer des Landes. Der superreichen Familie van Laar gehört dort fast die ganze Gegend. Auch ihr Bruder Bear verschwand vor 14 Jahren – exakt am gleichen Ort. Für die junge Kommissarin Judy ist dies die erste richtige Ermittlung. Mit viel Elan, aber auch mit Einfühlungsvermögen versucht sie, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Die Perspektivwechsel und Zeitsprünge machen das Buch sehr kurzweilig und auch, es kein klassischer Krimi ist, sehr spannend, sagt Josy.
Martina liest gerade noch, aber sehr begeistert. „Es geht mir gut“ von Jessica Anthony
Ein Plot, der mir auch gefällt. Denn es beginnt mit einem stillen Protest. Kathleen entscheidet sich, den ungewöhnlich warmen Novembersonntag anders zu verbringen – den Gottesdienst mit der Familie ausfallen zu lassen und in den Pool zu steigen. Im Wasser treibend, lässt Kathleen ihre verpassten Chancen und Träume an sich vorbeiziehen und rebelliert gegen die Person, die sie in den letzten Jahren war. Eine schöne Vision über das, was passiert, wenn man wirklich das lebt, was das Herz (oder der Bauch) sagt.
Dass wir auch im schönen Monat April zur Kultur zum Mittag einladen, das müßte ich nicht schreiben. Ist selbstverständlich und wir freuen uns, Sie am 1. April 12.10 Uhr begrüßen zu dürfen. Tee, Keks und Gast – alles wie immer. Herzlichst!
Und einen Lyriksalon haben wir auch. „Es gibt eine andere Welt“ und das am 15. April 20 Uhr im Salon der Stadtwirtschaft. Wir lassen eine poetische Reise durch die vielfältigen Stimmen junger und aufstrebender Lyrikerinnen und Lyriker der Region lesen. Der Lyriksalon präsentiert diesmal frische, experimentelle Gedichte, die den Puls ihrer Generation widerspiegeln und neue Perspektiven auf die aktuelle Lyrikszene eröffnen.
Reservierungen gern wie immer bei uns 03731/31841 oder post@taschenbuchladen.de oder per WhatsApp
Und dann noch bitte nach den Frühjahrsblümchen gucken, gibt schon ein wunderschönes Spektrum, tut sehr gut…
Herzlichste Grüße aus dem Taschenbuchladen von Heike, Martina, Josy und Jensiqqqqqquuuu(das ist ein Gruß vom Kater, der gerade über die Tastatur spazierte)
PS: Am 20. März liest (und singen wird er auch) Christian Steyer (die schönste Moderation von „Elefant,Tiger und CO“ – aber darauf möchte ich ihn bitte nicht reduzieren) aus Stefan Heyms entzückendem Buch „Immer sind die Weiber weg“ im Tivoli. Nur mal so als kleine Erinnerung…
Karten bei uns und im Tivoli