Die Frage „Haben Sie Kalender?“ können wir aus vollster Gewißheit mit JA beantworten. Innerlich ruft sie bei uns ein kleines Schmunzeln hervor, denn ja, wir haben große, kleine, auch den, den sie letztes Jahr schon gekauft haben (sofern er auch in diesem Jahr wieder erscheint), den „Sie wissen schon“, der für das Gelingen mit dem Mond, der für Garten, für Seele oder einfach nur fürs Auge, fürs Nichtvergessen bzw. Planen, den mit Katzen (mein Hausherr schmückt im nächsten Jahr das Maiblatt des Literarischen Katzenkalenders) und auch die Vielzahl der anderen literarischen Wochenkalender, die wir so gern im Lädchen haben.
In unseren Regalen ist kaum noch ein Zentimeter Platz, so dicht stehen die Köstlichkeiten des Bücherherbstes und fast atemlos könnten wir hier alles aufzählen, was wir Ihnen ans Leseherz legen würden. Zwei, nein, sogar drei Damen der deutschen Gegenwartsliteratur haben mir großes Lesevergnügen bereitet. Alle drei vereint der anscheinend leichte Umgang mit schwierigen Dingen, der Liebe, dem Leben und dem drumherum bzw. das Vermögen, das leichtfüßig, auch witzig, aber auf alle Fälle sehr fein zu Papier zu bringen.
Katja Oskamps neuer Roman „Die vorletzte Frau“ erzählt von einer Dichterliebe. Eine ostdeutsche Frau verliebt sich im Studium in den 19 Jahre älteren Dozenten, einen berühmten Schweizer Schriftsteller mit einem Hang zur Hochliteratur und zu den besseren Kreisen. „Als ich Tosch begegnete, war ich dreißig, er neunundvierzig. Neunzehn Jahre betrug der Altersunterschied. Neunzehn Jahre währte auch unsere Beziehung, eine merkwürdige Übereinstimmung. Ich hatte bis fast zum Schluss das Gefühl, wir hätten uns gerade erst kennengelernt, würden aber bald, in naher Zukunft, zum Kern vordringen. Später dachte ich darüber nach, ob alles so gekommen wäre, wie es gekommen war, wenn Tosch während der neunzehn Jahre nicht krank und ich während der neunzehn Jahre nicht alt geworden wäre.“
Katja Lange-Müllers „Unser Ole“ erzählt in erster Linie von drei Frauen, die sich einander selbst belügen. Als Leser findet man das irgendwie witzig, besser vielleicht tragisch komisch. Ida, einst Model und abhängig von ihrer Schönheit, zieht aus finanziellen Altersgründen zu Elvira. Jene braucht Hilfe, Hilfe mit dem Enkelsohn, der kräftemäßig über sie hinausgewachsen ist. Von der Mutter Manuela verlassen, vegetiert er eher im Hause Elvira. Jene muss nun aber handeln, denn Elvira überlebt einen Treppensturz nicht. Klug, tragisch und doch sehr humorvoll.
„Familie heißt lügen bis tief in die Nacht“ – sagt Karla, die Protagonistin in Paula Irmschlers neuen Roman „Alles immer wegen damals“. Und deshalb ist sie von Leipzig nach Köln geflohen, in der Familien-WhatsApp-Gruppe bleibt sie stumm. Und auch ansonsten verkriecht sie sich vor dem Leben, ihre Mutter Gerda jedoch nicht. Beide wagen eine gemeinsame Kurzreise, die vieles zur Sprache bringt, versöhnt und entzweit gleichermaßen. Paula Irmschler zeichnet sie sehr liebevoll, jede für sich, als eigenständige Personen mit eigenen Gedanken und eben nicht in ständiger Reibung miteinander. Natürlich gibt es Gemeinsamkeiten. Und Paula Irmschler kann Komik, versprochen.
Wie Lyrik in der Theorie geht, das hat Max Walter Weise köstlichst zum letzten Lyriksalon erklärt und ganz wunderbar den Hölderlin gegeben…
Kann man nachschauen auf unserem Youtubekanal rabenladen.
Und für den 15.10.2024 20 Uhr laden wir zum Lyriksalon „Seit heute, aber für immer“ zu den Gedichten von Christine Lavant ein.
„Urwüchsig“, „wahrhaft bedeutend“ und „ungewöhnlich schön“ erschienen Lavants frühe Gedichte ihrem ersten Verleger, Elke Heidenreich schrieb das Vowort zum Band „Die Bettlerschale“, Jenny Erpenbeck ein ganzes Büchlein über sie und wir möchten Ihnen diese ungewöhnliche Dichterin nah und ans Herz bringen. Geboren wurde Christine Lavant 1915 in St. Stefan im Lavanttal, Kärnten, als Christine Thonhauser, sie lebte als Kind in ärmlichsten Verhältnissen. Ihre Schulbildung musste sie aus gesundheitlichen Gründen früh abbrechen. Jahrzehntelang bestritt sie den Familienunterhalt als Strickerin. Ihr Lebenslauf ist gezeichnet von vielen Hindernissen, erst die körperlichen und seelischen Gebrechen, später der Nationalsozialismus. Und noch später Armut und Ausgrenzung. „Ich habe ein Welt und diese brennt! Und wo etwas brennt, da entsteht Kraft. Und diese Kraft reißt mit!“
20 Uhr im Salon der Stadtwirtschaft. Reservierungen wie immer gern bei uns.
Ansonsten halten wir ein bißchen kulturell still im schönen bunten Oktobermonat, denn der November ist schon so schönst gefüllt. Viele Karten für den Taschenbuchladengeburtstag gehen mittlerweile täglich über den Tresen. Das freut uns ungemein…
Tjaa, und dann möchte man noch sagen „Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass die Winde los. Befiehl den letzten Früchten voll zu sein; gib ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin und jage die letzte Süße in den schweren Wein.“ (R.M.R.)
Jaa, diese Wehmut liegt mir, dem Sommerkind… Und die Sorge, ob denn die letzten Tomaten noch reifen werden?
Freudvollbunte Herbstgrüße Ihnen von Heike, Martina, Josy und Jens
PS: Dass die „Kultur zum Mittag“ heute so schön gelang, dafür sagen wir Martin Ennulat herzlich Danke. Er las aus dem neuen Horst Evers Buch „Zu faul zum Nichtstun“ und das sehr sehr amüsant. Danke für Ihre Glückwünsche zum Buchhandlungspreis.