„Kaaafffeee“ rief es heute morgen ganz laut im Taschenbuchladen…

Eines unserer wichtigen Grundnahrungsmittel gerade und die so vielen schönen Plätzchen und anderen Köstlichkeiten ebenfalls (mein Lieblingsweihnachtskuchen war auch wieder dabei) und die liebevollen Aufmerksamkeiten, mit denen wir seit Tagen täglich beschenkt werden. Wie köstlich sind sie doch alle und eine große Freude für uns, nicht nur weil diese uns doch mit so lieben Dankesworten überreicht werden!

Und ich möchte natürlich auch DANKE sagen: Danke für Ihr beständiges Interesse, ihre Aufmerksamkeit und Ihre Treue für all die schönen Dinge, die wir so im Laufe des Jahres angeboten haben, sei es die Buchkultur oder unsere so vielen Veranstaltungen. 54 insgesamt sind es 2017 gewesen und gerade fällt mir ein, dass darunter allein vier Lesungen mit Bestsellerautoren waren. Und unser anderer Dank, der ist an dieser Stelle auch sehr wichtig, gilt, da wiederhole ich mich zu gern, all unseren Unterstützern, ohne die unsere kulturelle Arbeit so nicht möglich wäre. Aufgezählt sind das Annett Wöhlert, Matthias Wolf und das Ensemble des Mittelsächsischen Theaters, die Stadtwirtschaft Freiberg, das epi-Zentrum mit Carsten Kohlschmidt, Claudia Hanisch vom Filmclub e.V., Roland Säurich mit seinem liebevollem Team vom Tivoli Freiberg, unsere freiwillig Vortragenden der „Kultur zum Mittag“ Zeit und Anett Zschoke, die Schüler von Namaste Nepal und die vielen Vorlesenden, die mit uns so eine erfolgreiche 3.Lesenacht organisiert haben.

Schöne Pläne für 2018 gibt es natürlich, aber, verzeihen Sie bitte, für die Internetveranstaltungsseite hatte ich überhaupt keine ruhige Zeit und kann gar nicht so richtig darauf verweisen, worauf Sie sich schon freuen könnten. Nur die wichtigsten Termine, die finden Sie dort.

Eine kleine Weihnachtsgeschichte wollte ich ja auch noch podcasten, auch nicht geschafft…

Nun aber Ihnen sehr von Herzen ein wunderbares Weihnachtsfest und einen guten Jahresausklang gewünscht. Mögen Ihre Feiertage ganz so gelingen, wie ein jeder sich das wünscht mit Ruhe und Besinnlichkeit, Dingen, die ausschließlich gut tun und/oder der so angenehmen Unruhe, die das Familienfest so mit sich bringt. Haben Sie bitte eine schönste Zeit und die hoffentlich auch mit den vielen schönen Büchern und dem schönen Krimskrams, der bei uns in den letzten Tagen über den Ladentisch gereicht wurde.

Kerzenscheingrüße von Heike Wenige, Martina Gehlhaus und Ezra Matschullat

Ach wie froh bin ich

…bin ich, dass der Dezember mir einen Gastschreiber beschert, der mit so einem erfrischendem Blick durch den Laden läuft und die meinigen Dinge in so schöne Worte fasst, dass ich sehr glaube, sie werden versöhnt mit diesem, unsrigen Umstand.

Wir hatten ja noch nicht mal richtig Zeit, unseren veranstaltungsreichen November so richtig zu genießen und dabei hat unser LiveLeseComedy Abend, unsere letzte Veranstaltung im November, mit Jaromir Konecny nicht nur mir einen Lachmuskelkater verschafft… Die Lesenacht war auch so sehr erfolgreich – und hier nochmal mein großer Dank an alle Vorlesenden und Mitstreiter, die sich nicht nur über den sehr gelungenen Abend, sondern auch über die über 800 Euro mitfreuen, die dieser Abend für die Projekte der Schülerfirma Namaste Nepal erbrachten.

Aber nun bitte – Gastauftritt Matthias Wolf:

Alle Jahre wieder… Vor Weihnachten bricht die blinde Hatz los, alle mit allem zu bedenken. Die Jagdsaison ist eröffnet und die Pfade ins Gestrüpp der Warenwelt sind mit Dornen gespickt. Geht’s auch sinnlich-besinnlicher? „Hast du Lust, einen Empfehlungsspaziergang durch den Taschenbuchladen zu machen?“, war die beinahe erwartbare Frage der vertrauten Buchhändlerin im beginnenden Jahresendrauschen, die zudem eine Tüte köstlicher Kekse als Vorabhonorar gut bei mir angelegt hatte. Nun gut. So gut, wie die schmecken, ist Gegenwehr zwecklos. Also, zweitmalig, die Dezembernews an dieser Stelle von mir. Wenn Sie Geschenke suchen, was ja durchaus anzunehmen ist, nehmen Sie einfach die, die ich im kleinen feinen Geschäft gefunden habe, quasi als Tipps für Sie, und allen ist genutzt …

Was lächelt mich an, wenn ich den Taschenbuchladen betrete? Tyll. Der neue Roman von Daniel Kehlmann („Die Vermessung der Welt“). Zu Recht überschwänglich gelobt und nicht nur geschichtlich originell montiert. Kehlmann verlegt seine Adaption der Till-Eulenspiegel-Sage in die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs im 17. Jahrhundert und schickt den Gaukler-Helden auf einen Trip, der nie enden soll …

Nach Japan entführt Marion Poschmann im Roman Die Kieferninseln ihren Helden Gilbert Silvester, einen Bartforscher, der eine Wanderung wiederholt, die der Dich­ter Matsuo Bas­ho En­de des 17. Jahrhunderts angetreten hatte. Dort möchte er, wie die Wandermönche einst, den Mond betrachten. Eine wunderbar poetische Natur- und Menschenbeschreibung, ganz still erzählt und von der als Lyrikerin bekannt gewordenen Autorin meisterhaft komponiert.

Ein Klassiker der Reiseliteratur, neu aufgelegt, findet sich am anderen Ende des Ladens, bei den Naturkunden des Verlags Matthes & Seitz, deren 37. Band Nan Sheperds Essay Der lebende Berg aus den 1940er Jahren in der sensiblen Übersetzung der Lyrikerin Judith Zander auf Deutsch zugänglich macht. In der unvergleichlichen Landschaft der schottischen Berge ereignen sich Wunder der Beobachtung, die den Sinnen sonst verborgen bleiben, durchaus übertragbare übrigens …

Eine der spannendsten Reisen jüngeren Datums unternahm der Fotojournalist Dirk Gebhardt  2015 Quer durch Deutschland. Er durchwanderte es von West nach Ost und stellte sich die Frage „Wie leben die Deutschen?“ Eine sehr persönliche Foto-Text-Montage, die mit soziologischer Genauigkeit Motive und Verwerfungen unseres Zusammenlebens untersucht. Und dabei ein Land vermisst und neu entdeckt, das doch direkt vor unseren Füßen liegt.

In den Wald entführt uns Deutschlands wohl berühmtester Förster: Peter Wohlleben („Das geheime Leben der Bäume“, „Das Seelenleben der Tiere“) hat mit Hörst du, wie die Bäume sprechen? sein erstes Buch für Kinder geschrieben; er unternimmt kleine Entdeckungsreisen in den Wald und stellt dabei originelle und überraschende Fragen. Für alle ab 6 Jahren ein lesenswertes Abenteuer.

Im Biografien-Regal fiel mir der dritte Band von Mark Twains Autobiografie auf. Die Nachricht von meinem Tod ist stark übertrieben ist er übertitelt; 100 Jahre nach dem Tod des Autors sind immer wieder erfrischende und erhellende Wahrnehmungen des politischen Lebens in Amerika möglich. Auch damals galt: Der Kaiser ist nackt – und der Präsident ist verrückt und gehört in eine Anstalt.

Über einen der geheimnisvollsten Außenseiter des zeitgenössischen Literaturbetriebs ist die erste umfassende Biografie erschienen: Michael Opitz porträtiert den Dichter Wolfgang Hilbig, 2007 verstorben, und schildert dabei einen sächsischen Betriebsheizer, der Weltliteratur schrieb. Als Hilbig 1985 die DDR verließ, war er nirgendwo mehr zu Hause. Opitz rekonstruiert minutiös die Prägungen und Voraussetzungen von Hilbigs Schreiben.

Über sein Leben mit der Band Rammstein hat deren Keyboarder Flake (Christian Lorenz) ein entspannt-reflektiertes Erinnerungsbuch, ja, quasi eine Band-Biografie aus seiner Sicht geschrieben: Heute hat die Welt Geburtstag. Nachdem er 2016 mit Der Tastenficker schon ein Buch über sein Leben und dabei fast nebenbei auch eine Kostprobe seiner Erzählkunst lieferte, ist nun der Alltag im weltumspannenden Zirkus des deutschen Exportschlagers Rammstein in Nahaufnahmen zu erleben. Und für alle, die es gern vorgelesen haben möchten: Das Hörbuch, von Flake himself eingelesen, gibt’s ein Regal weiter.

Gegenüber leuchten farbenprächtig die Kinderbücher, ganz oben Paul Maars Spiele-Gedichte-und-Geschichten-Buch Kakadu und Kukuda. Der Autor der Sams-Geschichten sprachjongliert sich mit Tieren durch ein ganzes Jahr und verzaubert dabei seine Leser ab 6 Jahren nachhaltig.

Eine erfundene wahre Geschichte, die quasi um die Ecke passierte, hat der Dresdner Autor Ralf Günther aufgeschrieben. In der Sommernovelle Die Badende von Moritzburg lässt er die Maler der Künstlergruppe Die Brücke auf eine junge Frau treffen, die ihr eng geschnürtes Kleid ablegen wird, um frei atmen zu können. Und dabei neue Perspektiven entdeckt, die Kunst und Leben gleichermaßen betreffen.

Der österreichische Autor Robert Menasse hat in seinem preisgekrönten Roman Die Hauptstadt seine Brüssel-Erlebnisse, Recherchen und Fakten zu einem dialektisch angelegten Text verbaut, der vor allem staunen lässt, wie so etwas trockenes wie europäische Bürokratie lebendig erzählt werden kann. Der versierte EU-Kenner und Anti-Nationalist hat in der aufkommenden Rechts-Wende so etwas wie den Roman der Utopie Europa aufgeschrieben. Dagegen verblassen alle sogenannten Freiberger Thesen wie ein Furz im Schneesturm. Heimat ist weltöffentlich und nicht exklusiv und reinweiß sächsisch gewaschen schon gar nicht …

Juli Zeh, die gerade mit Unter Leuten die Tücken der boshaften Nachbarschaft vermessen hat, lässt ihren jüngsten Roman Leere Herzen im durchdigitalisierten Deutschland des Jahres 2025 spielen, in dem längst die Höckes die Macht übernommen haben. Die teilnahmslose Britta schaut in eine dunkle Zukunft und versucht, ohne den Glauben an irgendetwas anderes außer ihrem todsicheren Erfolg über die Runden zu kommen. Ob als Antwort auf Michel Hollebeqs Dystopie Unterwerfung gemeint oder nicht – Zeh ist ein Politthriller gelungen, der ganz sicher Debatten auslösen dürfte.

Einen ganz anders gelagerten Coup hat der Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller Joachim Meyerhoff mit seinem schreiend komischen autobiografischen Erinnerungsprojekt gelandet. Im vierten Band Die Zweisamkeit der Einzelgänger lässt er den Erzähler, verliebt in Hanna, Franka und Ilse, die emotional und logistisch kaum zu bewältigenden Gleichzeitigkeiten der Liebe durchleben. Ein schwerer Fall komplexer Überforderung, gefühlsakrobatisch ein Salto mortale. Lesenswert, wie die drei Vorgängerbücher.

Und: Brauchen Sie ein Kalender fürs neue Jahr? Sicher. Bekleben verboten. Ein Kalender mit 53 Postkarten von Barbara, die seit 2014 mit ihren Kommentaren unsere Wirklichkeit im Schutz der Anonymität auf den Kopf stellt. Dieser Befehlston verletzt meine Gefühle steht unter dem Verbotsschild. Beklebt und belebt.

Im Ständer mit den Postkarten noch dieses wunderbare Fundstück, das zur Mitnahme einlädt: Das durchschnittliche „Wir schenken uns nichts“ liegt bei 47,24 €

In diesem Sinne ein Frohes Fest und auf ein Neues: 2018.

Matthias Wolf

Und das geben wir so sehr gern weiter…

Heike Wenige, Martina Gehlhaus und Ezra Matschullat